Freifeldfunk Herbst 2024: Wir mögen es bunt!

Wir mögen es bunt! … auch im Sinne von Diversität. Diskriminierungssensibilität ist einer unserer Werte. Damit meinen wir: Wir sind uns einig, dass wir ein gleichberechtigtes Miteinander wollen, in dem gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bei uns sowie gesamtgesellschaftlich keinen Platz hat. Leider sind Rassismus, Sexismus, Klassismus, Ableismus (die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung) und viele andere Diskriminierungsformen durch unsere gesellschaftliche Prägung sehr tief in uns verankert. Um sie loszuwerden, braucht es viel Reflexionsbereitschaft und Offenheit für Kritik. Wir sind nicht alle gleich (equality). Logisch! Aber wir wollen, dass alle gleichberechtigt sind. Durch verschiedene Startchancen brauchen wir jeweils verschiedene Arten von Förderung oder Unterstützung (equity).

Feminismus ist für alle da

Unter diesem Stern stand unser internes Feminismus-Wochenende im Oktober: Mit dem Thema Feminismus hatten wir uns schon häufiger beschäftigt und ihm dieses Mal gleich ein ganzes Wochenende gewidmet. Wir haben uns u.a. damit beschäftigt, welche ungewollten Glaubenssätze zu Rollenbildern wir alle in uns tragen und wie sie unser Zusammenleben auch hier beeinflussen, an einem Ort, der schon weit gleichberechtigter funktioniert als große Teile der Gesellschaft – aber dennoch, es ist ein langer Weg! Was wir mit Feminismus meinen: definitiv keinen Männerhass, so wie es medial oft ausgelegt wird. Sondern die Wut auf eine Welt, in der jährlich allein in Deutschland 3.000 Frauen umgebracht werden, weil sie Frauen sind (Femizide); in der Frauen schlechter bezahlt werden für die gleichen Jobs; in der es von allen erwartet wird, sich eindeutig als „Frau“ oder „Mann“ einzuordnen, statt einfach „Mensch“ zu sein; in der Jungs und Männer komisch angeschaut oder angegangen werden, wenn sie mit Puppen spielen, Röcke tragen oder Gefühle zeigen; und so viele Ungerechtigkeiten mehr.

Die Absurdität der Rollenvorstellungen zeigt sich gut, wenn sie umgedreht werden: „Für ‘nen Mann spielst du aber gut Schlagzeug, Kleiner.“ „Es gehört sich nicht für einen Mann, alleine feiern zu gehen.“ „Wir würden ja gern einen Mann einstellen, aber wir finden einfach keinen geeigneten Bewerber.“ (aus dem Lied „Skandal im Patriarchat“ von Paulinko)

Mit Feminismus meinen wir den Wunsch, dass alle Menschen frei sind von Rollenbildern und -erwartungen, die ihnen aufgrund ihres Geschlechts zugeschrieben werden.¹

Im November nahmen wir uns Zeit für einen Infoabend zu einer anderen Diskriminierungsform, die wenig bekannt, aber viel vertreten ist: Neurodiversität bzw. Neurodivergenz. Damit ist die enorme Vielfalt gemeint, wie verschiedene menschliche Gehirne funktionieren, also wie wir denken, wahrnehmen und Informationen verarbeiten. Im Gegensatz zu sogenannten neurotypischen Menschen werden neurodivergente Menschen oft als krank und defizitär angesehen, z.B. Menschen mit Autismus, ADHS; Legasthenie, Tourette-Syndrom, bipolarer Störung. Die neue Ansicht beschreibt, dass die neurologischen Verschiedenheiten eine normale Erscheinungsform menschlicher Vielfalt ist, so wie Haarfarbe, Charakter, etc. und die Abweichung auch andere Fähigkeiten mit sich bringt, die neurotypische Menschen nicht haben. Nicht umsonst wird auch Hochbegabung unter den Arten von Neurodiversität geführt. Hier gibt es noch mehr Infos.

Mentale, soziale und körperliche Arbeit

Neben viel Austausch wurde auch wieder viel gewerkelt: HausX hat endlich eine bessere Wasser- und Stromversorgung, das Dach der Chefarztvilla wurde repariert und die gestohlenen Dachrinnen ersetzt, es gibt regelmäßige Holzarbeit, um uns warmzuhalten (und Pläne für eine Wärmepumpe, um weniger Holz und Gas zu verbrauchen), in 2 Räumen wurde der Schallschutz verbessert, es gibt ein weiteres Elektro-Auto, wir haben eine Kantbank angeschafft, um selber den Metallkasten für das Feuerwehrinformtionszentrum zu bauen, der Brandschutz ist insgesamt ein Riesen-Stück vorangegegangen mit abgeschickter Brandschutz-Dokumentation, uvm. Grund zum Feiern! Also stieg eine Brandschutzparty: Mit Fluchtwegschildern als Doku und Pantomime mit Brandschutzbegriffen: Hast du schon mal „Rauchabzüge“ oder „Schwelbrand“ pantomimisch dargestellt? Es geht und macht Spaß. :D

Innen und Außen

Im Herbst hatten wir viele verschiedene spannende Gästegruppen: Ein Seminar mit Bundesfreiwiligen zum Thema Utopie gaben wir selbst am Ort. Es war mal wieder sehr aufbauend zu sehen, wie sich junge Menschen eine Woche lang damit beschäftigen, wie die Welt ein schönerer Ort für alle sein könnte. Die Präsentationen am Ende waren sehr kreativ und mitreißend. Eine Kindergruppe vom Harzgeröder Hort besuchte uns und die Stunden vergingen sehr kurzweilig mit Spielen, Wildkräutern und einer Schatzsuche – es war für alle Seiten etwas Besonderes und wir haben Lust, häufiger Kindergruppen zu empfangen! Wir beteiligten uns am Weihnachtsmarkt in Harzgerode. In Kooperation mit dem Athina boten wir Basteln und eine Leseecke für Kinder an.

Ein Bausyndikat organisierte bei uns eine Soli-Baustelle und werkelte eine Woche lang an den Kompostklos beim Saal. Das Fliesendesign besteht aus Restbeständen und ist angelehnt an die architektonische Gestaltung des Gebäudes. Ein Hingucker!

Zusätzlich sind gerade auch viele Gäste zum Kennenlernen am Ort. Es macht ein gutes Gefühl, dass sich gerade so viele Menschen für die Freie Feldlage interessieren und wir freuen uns weiterzuwachsen :) Passend dazu drehte sich die letzte Intensivzeit im November um das Thema „Strukturen“ und wie wir uns darauf vorbereiten, mehr Menschen zu werden. Daraus resultierten große Neuerungen und Entwicklungsschritte u.a. dass die Arbeitsgruppen gestärkt wurden und sich nun regelmäßiger treffen. Um diesen Prozess zu fördern, wurde auch das Plenum abgewandelt.

Was Nettes zum Schluss:

Vom 8. – 13. April gibt es wieder eine Hick-Hack-Holzwoche bei uns! Wir freuen uns auf jede Menge frische Waldluft, leckeres Essen, gemütliches Beisammensein, Kinderspaß und Menschen, die uns kennenlernen möchten. Es ist KEINE Vorerfahrung notwendig. Eine vorsichtige achtsame Stimmung ist uns wichtig, damit alle Spaß haben können und sich trauen, Neues auszuprobieren und etwas dazuzulernen. Bitte anmelden per Mail an holz@freiefeldlage.de.

Und falls du im April nicht kannst, der Herbsttermin steht auch schon: 7.-12. Oktober Beide Termine beinhalten auch Inputs zu den Permakultur-Prinzipien.

Unsere regulären Führungen sind aktuell in Winterpause und beginnen ab März/April wieder. Individuelle Vereinbarungen sind aber auch jetzt möglich, auch für Fotoführungen. So, jetzt ist aber Schluss. Wir wünschen euch, dass ihr gut im Neuen Jahr ankommt und es ein paar schöne Überraschungen bereithält.

Herzlich, eure Freie Feldlage

In Solidarität mit dem Soziokulturellen Zentrum in Quedlinburg:

¹ Und wer jetzt noch zu Feminismus weiterlesen will:

Schuld an dieser Misere sind nicht „die Männer“, sondern das Patriarchat, ein System der Herrschaft und Unterdrückung, in dem dominante Männlichkeit idealisiert und normalisiert wird, und uns von unserer Menschlichkeit entfremdet. Es ist in jedem Augenblick, in jeder menschlichen Interaktion präsent. Es beeinflusst die Psyche, ist aber immer an politische Machtstrukturen gebunden und viel größer als Individuen selbst. Wir alle zeigen patriarchale Werte und Verhaltensweisen, weil sie uns so eingebläut wurden.

Verantwortlich, etwas zu ändern, sind wir alle. Und obwohl Männer aktuell auch oft profitieren (z.B. höhere Machtpositionen …), leiden auch sie an Nachteilen (lernen Gefühle zu unterdrücken, mehr Gewalt geht von ihnen aus, höhere Selbstmordrate, sitzen häufiger im Gefängnis…). Denn das Patriarchat gibt zwar manchen mehr Macht, aber es kann niemanden wirklich glücklich machen.

Feminismus ist also für alle da. Auch für Männer. Und auch für queere Menschen wie trans* Personen und viele andere Menschen, die nicht ins binäre Geschlechterbild passen (wollen). Daher schreiben wir auch manchmal von Queer-Feminismus.